Meine Erfahrungen als Selfpublisher

Niemand redet gern über Misserfolge und negative Erfahrungen als Selfpublisher. Aber Misserfolge gehören zum Leben dazu. Ich selbst habe vor 2 Jahren gedacht, ich schreibe ein Buch und werde mit etwas Glück gute Nebeneinkünfte als Selfpublisher erzielen. Vielleicht kann ich sogar vom Schreiben leben. Schließlich gibt es sie, die wenigen Selfpublisher-Autoren, die von ihren Veröffentlichungen bei Amazon, Tolino und im Buchhandel leben können. Teilweise verdienen sie sehr gut, einzelne haben über 100 Tsd. Euro mit einem Buch verdient. Doch sie stellen die rühmliche Ausnahme dar. Die meisten Selfpublisher machen die Erfahrung von Misserfolgen und betreiben brotlose Kunst. Im Folgenden erzähle ich, warum das so ist.

Fans und Community

Wer 2015 oder noch früher mit dem Veröffentlichen bei Kindle und Co. begonnen hat, der hatte relativ wenig Konkurrenz und machte eher positive Erfahrungen als Selfpublisher. Es gab vergleichsweise wenige Selfpublisher-Autoren, die auf ein wachsendes Interesse von Lesern getroffen sind. Hier ergaben sich Chancen für die ersten Selfpublisher und schnelle Nachahmer.

Heute im Jahr 2021 dagegen werden jedes Jahr über 80.000 eBooks und Bücher allein von Selfpublishern veröffentlicht. Hinzu kommen ebenso viele Bücher von Verlagsautoren. Das Angebot ist derart groß und unüberschaubar geworden, dass der potenzielle Leser sich an Bestseller-Listen hält, die Vorteile für die alten Hasen mit bestehender Fan-Gemeinschaft bieten, weil überzeugte Leser eher ein Buch von einem bekannten Autoren kaufen.

Der Mensch bevorzugt Produkte, die er bereits kennt. Er verbindet mit einem Autoren möglicherweise Qualität und eine gute Lesererfahrung. Die Erfahrungen von Selfpublishern, die erst vor Kurzem mit dem Veröffentlichen begonnen haben, sind eher negativ. Sie gehen unter in der Masse der Neuerscheinungen. Das ist die vermutlich häufigste Erfahrung als Selfpublisher.

Marketing-Maßnahmen

Selbst Amazon-Ads-Werbung und andere Marketing-Möglichkeiten wie z.B. Newsletter zeigen kaum einen Effekt auf die Buchverkäufe. Man kann sagen, dass es vielleicht am Inhalt des Buches liegt. Das mag sicher auf manche Bücher zutreffen. Auch das Cover ist sehr wichtig. Dennoch glaube ich nicht, dass es allein daran liegt.

Meine Erfahrung ist, dass man potenzielle Leser mit einer Werbung häufig in der Informationsphase trifft und nicht in der Entscheidungsphase. Leute, die sich nur informieren wollen und auf eine Anzeige klicken, produzieren Kosten, kaufen aber nicht unbedingt das Buch. Wenn man sich zudem an empfohlene Einsteiger-Preise für eBooks (z.B. 2 Euro Nettoverkaufspreis) hält bei einem Klickpreis von 30 Cent, kann man sich ausrechnen, dass mindestens 1 von 7 Interessenten das Buch kaufen müsste, um wenigstens die Ausgaben zu decken. Selbst bei länger laufenden Kampagnen hat sich dies in der Realität nicht gerechnet. Man kam im besten Fall bei Plus Minus Null raus. Der Erfolg der Werbung war zudem ebenso schnell vorbei wie die Kampagne.

Die Kindle-Unlimited Maßnahmen wie ein Gratis-Angebot des eigenen Werkes für begrenzte Zeit sind ebenfalls verpufft. Hier finden sich vor allem Schnäppchenjäger, vermutlich Schüler und Studenten mit geringem Budget, die zwar bereit sind, neue Bücher zu lesen, aber häufig nicht einmal eine Rezension hinterlassen.

Im Schnitt verdienen die Selfpublisher laut einer Umfrage der Selfpublisherbibel weniger als 30 Euro pro Monat mit ihren Büchern. Ich halte selbst diese Zahl für zu hoch. Vermutlich nehmen vor allem erfolgreiche Selfpublisher an den Umfragen teil. Eine aussagekräftige Auskunft könnte Amazon geben, aber der Konzern tut es nicht. Warum wohl nicht? Sie wollen sich Selfpublisher nicht verprellen, an denen sie gutes Geld u.a. mit Amazon Ads verdienen.

Inhalt, Cover und Zielgruppe

Etwa 70 Prozent der Leser sind laut Studien Frauen. Wer eine männliche Zielgruppe mit seinen Büchern anspricht, hat somit im Kindle- und Tolino-Universum schon schlechtere Chancen. Es gibt zudem Genres, die sich besser verkaufen als andere, was auch in jeder Buchhandlung zu sehen ist. Wer z.B. Science-Fiction-Romane schreibt, hat es sehr schwer, weil es nur eine relativ kleine Zielgruppe gibt.

Liebesromane, Krimis und Thriller sind die Bestseller im Selfpublisher-Bereich, doch auch hier gilt die Erfahrung als Selfpublisher, wer zuerst da war, hat eine große, treue Community und verkauft ggf. viele Bücher, während Neulinge in der Regel in der Masse trotz Werbung untergehen.

Mein Fazit: Besser einen Verlag suchen.

Wer keine bestehende Community hat, weil er z.B. ein Prominenter ist oder bereits einen bekannten YouTube-Kanal betreibt, der hat es sehr schwer, mit seinen Büchern als Selfpublisher erfolgreich zu sein und seien diese noch so gut geschrieben. Ich schließe nicht aus, dass es mal das Buch eines Einsteigers dauerhaft in die Bestseller-Listen bei Kindle schafft, aber es ist und bleibt die extrem seltene Ausnahme.

Ich habe für mich entschieden, dass ich meine Romane künftig ausschließlich Literaturagenturen bzw. Verlagen anbieten werde. Verlage übernehmen nicht nur Lektorat, die Gestaltung des Covers und das Marketing. Häufig haben sie sich eine eigene treue Leserschaft aufgebaut, die an Neuerscheinungen auch neuer Verlagsautoren interessiert ist. Im Durchschnitt verdienen Verlagsautoren übrigens nur 21.000 Euro im Jahr. Es ist und bleibt für die meisten Autoren somit ein Nebenerwerb oder Hobby.

Teile diesen Beitrag: