Siegfried und der Zorn des dunklen Magiers

Nachdem der König die böse Hexe aus dem Düsterwald töten ließ, sinnt Haido, der dunkle Magier und Herrscher über das Schattenreich, auf Rache für den Mord an seiner Schwester. Er entfacht einen unerbittlichen Krieg gegen das Königreich. Haidos Streitmacht aus Schatten, Riesen und Drachen dringt unaufhaltsam vor in das Reich und verbreitet Tod und Zerstörung.
Siegfried, der für seine Heldentaten im Düsterwald mit Prinzessin Katherina verheiratet und zum Prinzen gekrönt wurde, glaubt, dass der Krieg gegen die ungleichen Gegner bereits verloren ist und reist, unter Missachtung eines Verbots durch den König, zum Zauberer Carabur und den Greifen, um sie als Verbündete im Kampf gegen das Schattenreich zu gewinnen.
Das Buch „Siegfried und der Zorn des dunklen Magiers“ ist der zweite Band der mehrteiligen Siegfried-Reihe. Im ersten Band „Siegfried und die Ungeheuer im Düsterwald“ erfährst du mehr zur Vorgeschichte.
Zoltán Szabó. Siegfried und der Zorn des dunklen Magiers. Band 2. Roman. Taschenbuch. 244 Seiten. 11,99 €. eBook. 2,99 €. ISBN: 978-3-7531-0634-2. Erschienen am 6. Oktober 2020.
Leseprobe
Kapitel 1 – April 1049
Der Himmel war bedrohlich grau, fast schwarz an diesem Morgen. Es regnete in Strömen. Gewaltiger Donner und Blitze durchzogen die Wolken.
Sechs Streitäxte schwangen hinab auf Siegfried, der auf dem Schlachtfeld wie viele andere Soldaten des Königreichs von den Schattenkriegern angegriffen wurde. Das Schwert Fortis und sein Schild leisteten ihm gute Dienste. Er hatte trotzdem seine liebe Mühe, den Angreifern auszuweichen und die Schläge zu parieren. Von links wie rechts, von vorn wie hinten drangen die Waffen auf ihn ein. Nur seine Schnelligkeit und Stärke verhinderten, dass er getroffen wurde. Seinen Schild hielt er schützend nach oben, bis alle Äxte darauf einschlugen, dann wuchtete er den Schild steil nach oben und schwang das Schwert in einer 360 Grad-Drehung einmal um sich herum. Gleißendes Licht durchbrach die Körper der Schatten und nahm ihnen jegliches Leben.
Es war nicht allein die zahlenmäßige Übermacht des Feindes, welche viele Rettinger verunsicherte und dem Königreich vielen Niederlagen bescherte. Vielmehr war es die blanke Angst und das Entsetzen, welche die Menschen ergriff, als sie die feindlichen Krieger erblickten. Es waren schattenhafte Umrisse, die ihnen mit erhobenen Waffen entgegenliefen. Kein Gesicht, keine Augen, keine Kleidung, keine konkreten Züge waren ersichtlich. Ihre Gestalt bestand lediglich aus einem schemenhaften Schwarz, das die Form eines Menschen angenommen hatte und wutentbrannt gegen sie kämpfte. Viele Soldaten des Königreichs waren wie erstarrt, als sie die Schattenkrieger mit eigenen Augen sahen und verloren sofort jeglichen Mut. Sie flohen panikartig vor den schwarzen Gestalten statt zu kämpfen und die Schatten hatten leichtes Spiel mit ihnen. Nur das gute Zureden von Siegfried hielt die tapfersten Soldaten davon ab, es den Ängstlichen gleichzutun. Er zeigte ihnen, dass die Schatten sterblich waren. Sobald man das Schwert in ihrer Brust versenkte, lösten sie sich in Luft auf. An Kraft waren die Schatten den Menschen gleich. Unterstützung erhielten die Schattenkrieger von dutzenden Riesen und roten Drachen, die ungleich stärker und gefährlicher waren. Der dunkle Magier Haido hatte alles aufgeboten, um das Reich von König Cunrat zu verwüsten und sein Versprechen wahr zu machen.
Siegfried eilte zu seinen Freunden Heinrich und Seytz, die wenige Meter entfernt von ihm von sechs Schatten umringt waren und tapfer um ihr Leben kämpften. Mit Schwertern wehrten sie die gegnerischen Hiebe ab, doch sie waren nur in der Defensive. Siegfried erstach von hinten vier Krieger und überließ die anderen den Freunden.
Es schien, als wäre der Kampf aussichtslos. Je mehr Feinde sie töteten, umso mehr neue Gegner stürmten gegen sie an. Siegfried hatte die Befehlsgewalt über weitere 100 Soldaten, die gemeinsam mit neun weiteren Hundertschaften anderer Heerführer versuchten, den Vormarsch der Schattenarmee aufzuhalten. Als er sich kurz umblickte, sah er dass die anderen Hundertschaften sich zurückgezogen hatten und hörte das Kriegshorn, das den Rückzug der königlichen Armee ankündigte. Seitwärts kamen neue Feinde herbei geströmt. Sie hatten die Hundertschaft rechter Hand innerhalb kurzer Zeit überwältigt.
Siegfried wollte keinen weiteren Mann verlieren und eilte ihnen entgegen, um seinen Männern Zeit zu verschaffen. Allein durchdrang er die gegnerische Formation mit Schwert und Schild. Der Aufprall mit Siegfrieds Schildes warf etliche Schattenkrieger meterweit zurück, was ihm Raum für den Kampf verschaffte. Mit dem Schwert schwang er Linien in der Luft, was die Zahl seiner Opfer maximierte. Er kämpfte weiter und verwirrte die Gegner mit seiner Schnelligkeit und Kraft.
Kapitel 6 – Die Greifen im Niemandsland
Nach vier Stunden erreichten sie die Greifen-Statuen und wenig später die Höhle, die Ergo ihnen genannt hatte. Siegfried wollte wissen, wie die Figuren an diesen Ort gekommen waren. Ergo antwortete, dass der Grund dafür in weit entfernter Zeit lag, als die Menschen die Greifen als Schutzmacht schätzten und ehrten. Als Dank für ihre Dienste übergaben sie ihnen regelmäßig Geschenke, darunter die Statuen.
Als sie vor der Höhle ankamen, verabschiedete sich Ergo fürs Erste. Er wollte vorfliegen zu den Greifen, um sie über ihre Ankunft in Kenntnis zu setzen. Sie ließen die Pferde zurück und gingen allein in die dunkle Höhle. Ihre Augen brauchten eine Minute, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, dann bewegten sie sich langsam vorwärts bis sie vor der Steilwand standen. In der Höhle hatten sich Tropfen gebildet, die grazil von der Decke hinunter hingen. Seytz sagte, es sei ein magischer Ort. Weit oben an der Steilwand sahen sie das Licht, das Ergo erwähnt hatte. Der Aufstieg war gefährlich, denn das Gestein war porös. Jeder Griff musste gut überlegt sein. Siegfried war der geübtere Kletterer und bot an, als Erster die Wand zu erklimmen und Seytz anschließend mit einem Seil zu sichern. Sie banden zwei lange Seile zusammen und er kletterte voran, bis er nach einiger Zeit verschwitzt und unter Stöhnen sein Ziel erreichte. Einmal wäre er fast hinuntergestürzt, als sein Fuß abrutschte, doch er konnte sich mit einer Hand festhalten. Als er oben war, musste er die Augen schließen, so hell war der Unterschied vom Sonnenschein zur Dunkelheit in der Höhle. Seine Augen gewöhnten sich schnell und er band das Seil an einem Felsen in der Nähe fest, um es Seytz hinunter zu werfen. Als sein Freund ebenfalls am Ausgang war und sich erholt hatte, blickten sie sich um. Sie waren umgeben von hohen Felsen. Das Greifennest konnte nicht weit entfernt liegen. Nach wenigen Metern erblickten sie ein dutzend Fabelwesen. Die Greifen waren gut zehn Meter groß, 15 Meter lang und lagen entspannt am Boden, während sie über das Niemandsland blickten. Der Kopf und der vordere Korpus waren einem Adler ähnlich, der hintere Teil des Körper war der eines Löwen, während sich seitlich am Rücken große Flügel befanden. Er hatte große Ohren wie Kaninchen und die lange Zunge einer Schlange. Der Torso war bedeckt von bronzefarbenen Federn und einem ebenso glanzvollem Fell. Es erinnerte Siegfried an eine Metalllegierung. In ihren dunkelblauen Augen schimmerte ein kleines, helles Licht. Ihr imposanter Anblick schüchterte die Gefährten ein und so näherten sie sich vorsichtig.
Als die Greifen ihren Kopf langsam in Siegfrieds Richtung drehten, blieb ihnen für einen Moment das Herz stehen und sie schluckten schwer. Siegfried hätte nicht gedacht, dass ihm die Greifen derart viel Respekt abfordern würden. Ihre außergewöhnliche Erscheinung war königlich und voller Würde. Als sie sich auf wenige Meter genähert hatten, sah Siegfried seinen Freund Ergo und sie verbeugten sich höflich vor den Greifen.
Ergo: „Das sind die Menschen, von denen ich euch erzählt habe. Das ist Prinz Siegfried.“
Greif: „Seid willkommen an unserem Wohnsitz, junger Prinz. Euer Freund Ergo hat uns bereits von euren Taten im Düsterwald und über euren Werdegang berichtet. Was führt euch zu uns?“
Siegfried: „Seid gegrüßt, ihr Greifen. Ich bin zu euch gekommen, weil im Königreich ein gewaltiger Krieg tobt. Der dunkle Magier Haido greift uns gemeinsam mit den Schattenkriegern, den Drachen und Riesen an. Überall herrschen Tod und Vernichtung. Kein Mensch, der ihnen begegnet, wird am Leben gelassen. Jeder soll büßen für den Fehler des Königs, der einst die Schwester Haidos ermorden ließ. Ich bin hier, um euch um Hilfe im Kampf gegen den Zauberer zu bitten. Ihr verfügt sicher über enorme Stärke und seid den Riesen und Drachen ebenbürtig. Wir Menschen dagegen vermögen selbst im Verbund nur wenig gegen diese auszurichten.“